Nachhaltigkeit und (Elektro-) Mobilität bei der Adam Hall Group | CEO Alexander Pietschmann im Interview
Alexander Pietschmann, CEO der Adam Hall Group im Interview zu seinen Erfahrungen mit der Elektromobilität und der Green Globe Zertifizierung für Nachhaltigkeit in seinem Unternehmen in Neu Anspach.

Laden beim Arbeitgeber ist meiner Meinung nach überaus sinnvoll, da ein großer Teil unserer Mitarbeiter täglich 8 Stunden am Arbeitsplatz verbringt und ihr Fahrzeug in dieser Zeit komfortabel geladen werden kann.
Alexander Pietschmann, CEO Adam Hall Group
Die Adam Hall Group aus Neu Anspach wurde mit dem Green Globe Award für Nachhaltigkeit im Unternehmen ausgezeichnet. Unter anderen wurden Lösungen wie eine hauseigene Lademöglichkeit für E-Fahrzeuge und eine eigene, 6.500m2 große Photovoltaikanlage umgesetzt. Welche Maßnahmen wurden bisher konkret angegangen und was ist für die kommende Zeit mit einer steigenden Zahl an Zulassungen von E-Fahrzeugen in Planung?
Zuerst einmal: Was ist überhaupt Green Globe? Green Globe ist eine Zertifizierung, die eigentlich aus dem Hospitality-Bereich kommt. Sehr viele Hotels und Eventlocations haben ein solches Zertifikat. Es geht unter anderem um Dinge wie Wassereinsparung für die Hotellerie oder um nachhaltige Eventkonzepte in der Location. Als Hersteller und Vertrieb sind wir kein Hospitality-Betrieb, der regelmäßig Gäste begrüßt, auch wenn wir mit dem Experience Center eine eigene kleine Halle betreiben. Trotzdem wollen und müssen wir verstehen, wie unsere Kunden „ticken“, welche Dinge sie beschäftigen, um wiederum selbst diese Zertifizierung für ihren Betrieb zu erhalten.
Da wir bereits vor der Zertifizierung viele Dinge geplant und umgesetzt haben, war uns klar, dass wir mit System an die Sache rangehen müssen. So haben wir uns vorgenommen, unseren CO2-Ausstoß bis 2030 deutlich zu reduzieren, voraussichtlich um bis zu 55%. Bis 2050 wollen wir dann komplett klimaneutral sein. Als Hersteller ist dies nicht so einfach, denn wir produzieren nicht alle Bauteile selbst. Wir haben also eine lange Reise vor uns. Aber wir sind bereits auf dem Weg.
Weiterhin ermöglichen wir unseren Mitarbeitern, sich für ein E-Fahrzeug als Firmenwagen zu entscheiden. Durch die BAFA-Zuschüsse und die steuerlichen Vergünstigungen entstehen dabei keine Nachteile, obwohl der Listenpreis im Vergleich zum Benziner/Diesel höher erscheint.
Ich selbst fahre Tesla und hatte vorher einen i3 von BMW. Die firmeneigene Photovoltaikanlage hast du bereits angesprochen. Aktuell erweitern wir unsere Logistikfläche am Hauptsitz in Neu-Anspach, mit der wir circa 2/3 des benötigten Stroms selbst erzeugen, 1/3 kaufen wir bei Greenpeace Energy zu.
Aktuell haben wir vier Ladestationen, wollen diese jedoch auf 16 Stück inklusive intelligentem Schnellladesystem erweitern. Das Konzept dazu steht bereits – wir warten auf das Förderprogramm vom Land Hessen und dann kann es losgehen. Dieses Förderprogramm zum Laden beim Arbeitgeber ist meiner Meinung nach überaus sinnvoll, da ein großer Teil unserer Mitarbeiter täglich 8 Stunden am Arbeitsplatz verbringt und ihr Fahrzeug in dieser Zeit komfortabel geladen werden kann. Auf diese Weise werden auch die öffentlichen, innerstädtischen Ladesäulen entlastet.

Den i3 von BMW hast du eben schon angesprochen. Was hatte dich zum damaligen Zeitpunkt (2013) dazu gebracht, auf E-Mobilität umzusteigen? Wie kam es zur Entscheidung für genau dieses Modell aus dem Hause BMW?
Ich interessiere mich grundsätzlich für Innovationen. BMW hat ernsthaft versucht, innovativ zu sein, da sie eine komplette Fahrzeugarchitektur neu gedacht haben. Das hat mich fasziniert. Die Batterie bzw. deren Kapazität war damals das Kernproblem. Fahrzeuge mussten daher deutlich leichter werden. Zusammen mit SGL Carbon entstand eine unglaublich aufwendige Karbonstruktur, es gab ein neues Bedienkonzept und das Thema E-Mobilität wurde über die „i“ Modelle nahezu als eigenständiger Bereich ausgegliedert, um die Abgrenzung zu den bekannten Benziner- und Diesel-Modellen zu stärken.
Mir gefiel einfach das Gesamtkonzept. Ich glaube, ich war der Dritte im Rhein-Main-Gebiet, der dieses Auto ausgeliefert bekam. Mein Modell hatte den Range Extender, der mehr Reichweite haben sollte. Dieser Range Extender war ein Zweizylinder-Motor (Anm. des Autors: aus dem BMW- Roller C 600 Sport). Der Motor war eine Katastrophe. Im Idealfall sollte der gar nicht anspringen, denn sonst waren alle vorher (rein elektrisch) gefahrenen Kilometer hinfällig und man wäre mit einem umweltfreundlichen Benziner sprintsparender unterwegs gewesen.
Leider ist der Motor ziemlich häufig angesprungen. Im Winter bei Minusgraden lag die Reichweite des i3 bei voller Ladung oftmals bei gerade einmal 80 Kilometern. Ich erinnere mich noch daran, als wir mit der ganzen Familie über die Saalburg fuhren. Es war sehr kalt und der i3 hatte nur wenig Batterieleistung. Wir saßen in dicken Jacken im Auto und hatten die Klimaanlage, das Radio und die Sitzheizung ausgeschaltet – sonst wären wir nicht mehr heimgekommen. Als die Restreichweite immer weiter sank, sagte meine Frau: „Musst du immer der erste sein, der so einen Kram macht?Ist der wenigstens günstig?“ Auch das konnte ich nicht bestätigen…
Letztendlich habe ich den Wagen früher zurückgegeben. Der Ansatz war gut, trotzdem bin ich danach wieder auf ein normales Auto umgestiegen. Die Batterie ist einfach der Dreh- und Angelpunk für die Akzeptanz und den täglichen Komfort.
Zum Glück kam dann der Tesla. Bestellt habe ich ihn im Mai 2016, bis zur Auslieferung dauerte es jedoch noch mehr als zwei Jahre. Das war ein Sprung in die „echte“ Elektromobilität. Hat man sich einmal an das ruhige Fahren gewöhnt, will man gar nicht mehr zurück. Ich empfinde inzwischen sogar laute Motorengeräusche als eher störend. Wenn man in einem hochgezüchteten PS-Schlitten sitzt, ist die Geräuschkulisse regelrecht irritierend. Ich bin kein Autonarr, ich muss von A nach B kommen, doch die Beschleunigung im Tesla macht schon Spaß.
Ich fahre überwiegend kurze Strecken und versuche, so oft es geht die Bahn zu nehmen. Das finde ich unheimlich praktisch, weil ich dabei andere Sachen erledigen kann. Aus diesem Grund hat mich die Idee von Tesla von Anfang an fasziniert. Die Autos fahren irgendwann komplett autonom und du kannst während der Fahrt etwas ganz anderes machen. Momentan würde ich mich jedoch noch nicht vollkommen auf den Autopilot verlassen.
Ehrlicherweise muss man sagen: Die Verarbeitung eines Tesla ist nicht vergleichbar mit deutschen Standards. Die Spaltmaße sind eine Katastrophe, der Kofferraum gelegentlich verzogen. Das sollte man so eigentlich gar nicht annehmen.
Doch die Zahlen sprechen für Tesla. Zudem ist die Firma ein Indikator für die Versäumnisse der traditionellen Auto-Industrie. Schauen wir uns nur mal den Fahrzeugkauf an. Die Hersteller bieten eine unüberschaubare Fülle an Zusatzausstattungen, bei denen der Kunde irgendwann nicht mehr durchblickt. Als einziger Ausweg bleibt dann nur die Beratung im Autohaus. Ein Tesla lässt sich in wenigen Schritten online konfigurieren, ausgehend von drei Basis-Motorisierungen. Bei vielen findet aktuell ein Umdenken statt. Die Bereitschaft, ein Auto online zu konfigurieren und direkt zu kaufen, wird immer größer.


Wie sieht dein „Fahrprofil“ heute aus?
Ich bin Kurzstrecken-Fahrer. Arbeitsweg, zum Bahnhof, auch mal zum Flughafen. Einmal habe ich auch einen längeren Trip gemacht, mit einer Unterbrechung zum Laden am Super Charger. Man muss sich umstellen, da man zum Laden länger anhalten muss als zum Tanken. Mit etwas mehr Planung im Vorfeld ist es eigentlich kein Problem. Man macht einmal eine Stunde Pause statt nur 10 Minuten. Hier liegt auch eine Chance für die Rasthöfe. Indem diese ihr Angebot erweitern, werden Sie eventuell sogar als Ausflugsziel wahrgenommen und nicht nur als eine reine Tank- oder Lademöglichkeit.
Wie hast du bisher die Ladestruktur rund um den Raum Frankfurt empfunden?
Als eine Katastrophe. Ich lade zuhause und auf der Arbeit ausschließlich an Mainova-Stationen, die finde ich super. Die anderen sind entweder mit Hybridfahrzeugen belegt oder ausgefallen, teils parkt jemand anderes dort, der gar nicht lädt oder ich brauche irgendeine App, Mitgliedschaft oder Registrierung. Dann stehe ich in einem Parkhaus ohne Netz und komme gar nicht an die App ran.
Deshalb versuche ich es wirklich zu vermeiden, in der Stadt zu laden. Wenn ich es wirklich nicht umgehen kann, lade ich zum Beispiel bei einem Kunden, falls dieser eine Lademöglichkeit hat. Bei den öffentlichen Stationen ist das Laden viel zu komplex. Es bräuchte eine Vereinheitlichung mit einer Plattform, bzw. einem System, über das alle E-Fahrer unkompliziert laden können. Es scheint mir, dass die Thematik der Ladeinfrastruktur wesentlich komplizierter ist als die Entwicklung der E-Fahrzeuge selbst.
Auch bei der Planung von Neubauprojekten wird dieses Thema immer wichtiger. Hier im Taunus hatten wir in den kalten Monaten durch die vielen Leute im Homeoffice tatsächlich in einigen Wohngebieten den Fall, dass die Wärmepumpen Schwierigkeiten bekamen, die nötige Wärme für die Gebäude zu erzeugen und so in den Elektrobetrieb gegangen sind. Durch diese Überlastung sind dann teilweise die Sicherungen rausgeflogen, da die gesamte Infrastruktur nicht dafür ausgelegt ist.
Hinzu kommen künftig immer mehr E-Fahrzeuge. Selbst wenn bei einem 20-Parteien-Haus ausreichend Lademöglichkeiten für alle Bewohner vorhanden sind, kann das bestehende Stromnetz diese Anforderungen nicht bewältigen, da viele Leitungen mehrere Jahrzehnte alt sind. An diese Aspekte wurde vor 10 oder 20 Jahren bei der Planung von Wohngebiete noch gar nicht gedacht.
In einem Pressebericht über euer Unternehmen war auch die Rede von E-Bikes bei Adam Hall. Ist das eine Lösung für die Mitarbeiter, die jetzt aus dem direkten Umfeld dann mit dem E-Bike zur Arbeit kommen können?
Definitiv. Manche Kollegen kommen aus Frankfurt, radeln bis zur S-Bahn-Station, stellen das Rad rein, steigen einige Stationen wieder aus und radeln ganz entspannt das letzte Stück bis zum Unternehmensstandort. Andere kommen aus dem direkten Umfeld und nehmen auch überwiegend das E-Bike. Für die Mitarbeiter ist das natürlich praktisch: Wir haben eine Station mit Lademöglichkeit gebaut, in der die Räder zudem geschützt stehen.
Also wird das insgesamt gut angenommen?
Ja, das wird sehr gut angenommen. Wir nutzen zum Beispiel auch ein Angebot von „Jobrad“, einer Lösung mit Dienstfahrrad-Leasing für Arbeitgeber. Die Mitarbeiter fahren steuerfrei und eine Versicherung ist auch inkludiert – eine sehr gute Lösung!
Alexander, vielen Dank für das Interview zu deinen Erfahrungen mit der E-Mobilität und die Infos zur Nachhaltigkeit bei der Adam Hall Group.

Die Adam Hall Group
Die Adam Hall Group aus Neu Anspach ist ein Hersteller und Vertrieb von Event-Technik / Veranstaltungstechnik. Das Unternehmen hat Büros nahe New York, in New Jersey, Barcelona und in Singapur.
Zum Produktportfolio zählt alles, was man für die Bühne kennt – von der Kabelbrücke und Kabeln bis zur Beschallungsanlage und professionellem Lichtequipment, um Shows zu machen – Produkte, um Emotionen der Kreativen zu verstärken.
Das Unternehmen beschäftigt weltweit 250 Mitarbeiter. 2019 hat Adam Hall über 100 Millionen Euro Umsatz gemacht. Durch die Corona-Pandemie und die geltenden Einschränkungen im Event-Bereich gab es 2020 einen Umsatzrückgang.
„Wir halten natürlich, so gut wie es geht, an allen Menschen hier fest, weil wir glauben, dass der Wunsch der Menschen nach Live-Erlebnissen da ist. Deswegen möchten wir alle Menschen, die ja auch unsere Firma ausmachen, an Bord behalten. Sodass wir, wenn es wieder losgeht, dafür gerüstet sind.“
