Superblocks nach dem Vorbild Barcelona – autoarme Quartiere für mehr Lebensqualität im hessischen Darmstadt
Ein Superblock nach dem Vorbild der Stadt Barcelona soll in der Wissenschaftsstadt Darmstadt entstehen. Ein solches autoarmes Quartier soll mehr Lebensqualität für die Bewohner und die Bürger der Stadt bieten. Aufenthaltsqualität, wo heute dicht aneinandergereiht Autos parken – wie kann eine solche Transformation eines Bestandsquartiers gelingen? Stadtrat Michael Kolmer im Interview dazu.
Michael Kolmer
“Mein Name ist Michael Kolmer. Ich bin Stadtrat in der Wissenschaftsstadt Darmstadt und hier damit als hauptamtlicher Dezernent zuständig für Klima und Umweltschutz, für Stadtplanung, für Themen des Waldes, aber insbesondere auch für die Mobilitätswende.”
Copyright Foto: Wissenschaftsstadt Darmstadt, Büro Stadtrat Michael Kolmer
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Weitere InformationenWir wollen über die Pläne der Stadt Darmstadt sprechen, einen sogenannten “Superblock” zu schaffen. Was versteht man allgemein unter einem Superblock?
Ein Superblock ist ein Modell, das wir insbesondere in Europa aus Barcelona kennen. Es wird gelegentlich verwechselt mit einem autofreien Quartier, das stimmt aber nicht.
Ein Superblock ist ein bestimmter Teilbereich eines Stadtviertels, eines Quartiers. Meist initiiert man Superblocks in der gründerzeitlichen Blockrandbebauung, weil die Struktur sich dafür sehr gut eignet, indem ein autoarmes, innovatives Mobilitätskonzept umgesetzt wird.
Wenn der Durchgangsverkehr nicht mehr durch diesen Block oder dieses Teilquartier hindurchgeht, entsteht für die Menschen ein massiver Zugewinn an öffentlichem Raum und damit an Lebensqualität. Man kann tatsächlich in einem Superblock wieder auf die Straße gehen und kommunizieren, miteinander sprechen, schwätzen, draußen sein, soziale Interaktion aufbauen – das ist das Besondere am Superblock.
Was sind die konkreten Pläne, die Darmstadt verfolgt?
Wir sind derzeit in der Phase, dass wir einen Antrag in der Stadtverordnetenversammlung diskutieren. Dieser basiert auf dem Koalitionsvertrag der Grünen, CDU und Volt in Darmstadt, in dem schon festgehalten ist, dass wir einen Superblock als Verkehrsversuch erproben wollen. Jetzt sind wir auf dem Weg, einen Antrag zu beschließen, der vorsieht, dass wir im kommenden Jahr, basierend auf Beteiligung der Bürger und wissenschaftlich begleitet als Verkehrsversuch, im Bereich von Martinsviertel und/oder dem Johannesviertel (Titelbild), das sind zwei gründerzeitliche Quartiere in Darmstadt, einen Superblock starten wollen.
Das Ganze wird zunächst einmal mit einer gewissen Laufzeit passieren, um zu schauen, wie es funktioniert und was man noch verbessern kann. Bereits jetzt sind in dem Quartier zivilgesellschaftliche Initiativen unterwegs. Diese fördern das Thema auch aus einer bürgerschaftlichen Perspektive heraus. Eine Initiativgruppe ist zum Beispiel Heinerblocks.
Bei neu geplanten Quartieren gibt es oft schon in der Planungsphase Ansätze, Parkmöglichkeiten außerhalb vom Quartier zu zentrieren.
Dann entstehen im Quartier ausreichend Flächen für Aufenthalt und zum Beispiel auch zum Spielen. Wo liegen die Herausforderungen dabei, so etwas im Bestand zu machen?
Innovative Mobilitätskonzepte in Neubauquartieren sind für uns in Darmstadt schon beinahe ein Standard. Wir gelten da auch national durchaus als Vorbild. Allein in den vergangenen Wochen habe ich Delegationen aus Köln, Bochum und Bielefeld hier begrüßt, die sich Darmstädter Beispiele angeschaut haben. Da sind wir insbesondere in den Quartieren, die wir aus den Konversionsflächen der US-Amerikaner entwickeln – im Ludwigshöhviertel und der Lincoln-Siedlung – schon sehr weit.
Wenn ich das jetzt übertrage auf Bestandsquartiere, dann ist es natürlich so, dass ich im Bestandsquartier eine gewachsene Struktur habe. Das heißt, die Menschen haben sich ihre Mobilität schon über Jahre, teils Jahrzehnte, erschlossen und erarbeitet. Gleichzeitig ist es so, dass der öffentliche Raum weithin schon beplant ist. Damit steht dieser auch nicht mehr für unmittelbare Interventionen zur Verfügung. Also grundsätzlich unterschiedliche Situationen, ob ich in einer Fläche, wo sinngemäß Tabula rasa ist, eine innovative Mobilitätsentwicklung voranbringe oder im Bestand.
Mehr Feinfühligkeit erforderlich bei der Planung eines Superblocks im Bestand
Im Bestand muss ich natürlich noch viel feinfühliger vorgehen. Ich muss die Bürger und Bürgerinnen mitnehmen, beteiligen. Es geht ja um ihr Lebensumfeld und es ist natürlich so, dass ich mit dem bestehenden, gewachsenen Verkehrssystem umgehen muss. Ich muss darüber nachdenken: „Wie verändere ich das am besten?“, deswegen auch dieses Darmstädter Prinzip. Bei größeren Eingriffen in den Verkehrsraum, zum Beispiel bei großen Fahrradprojekten, die wir durchgeführt haben, haben wir oft schon das Modell Verkehrsversuch benutzt, um zunächst bei einer Probephase herauszufinden, was die optimale Planung ist.
Der Durchgangsverkehr soll keine Rolle mehr spielen und so müssen in einem Superblock natürlich innovative, neue Mobilitäts-Angebote gefördert werden. Das heißt, es ist nicht nur darüber nachzudenken: „Wie schaffe ich mehr Fahrradabstellplätze?, sondern „Wie bekomme ich noch mehr Fahrrad-/Bike-Sharing ins Quartier hinein?“, „Wie kann ich mit zum Beispiel Lastenrad-Sharing implementieren?“, aber auch „Wie pusche ich insgesamt das Thema Carsharing an der Stelle?“. So entwickle ich dann ein Angebot, das unter Umständen gar nicht mehr jeder ein privates Auto haben möchte.
Flächen für Quartiers-Parkhäuser zum Parken in Quartiers-Garagen fehlen
Ich muss natürlich auch darüber nachdenken, wie ich das Thema Quartiersparken, zum Beispiel mit Quartiersgaragen, noch besser regeln kann. Das ist natürlich eine Herausforderung im Bestand, denn dort ist ja in der Regel der geringste Anteil an noch nicht beplanter Fläche.
Oftmals steht gar keine Fläche zum Beispiel für neues Quartiersparkhaus zur Verfügung. Das macht die Aufgabe einerseits herausfordernder. Andererseits ist es natürlich besonders lohnenswert, in dem Quartier das Umfeld zu verbessern, um wieder mehr für mehr Lebensqualität zu sorgen. Dort, wo die Menschen bereits leben – das ist ja das gebaute Darmstadt, was man verbessern will.
Eben hatten Sie schon gesagt, dass “autofrei” die falsche Bezeichnung ist, ein falsches Verständnis von dem Begriff “Superblocks”. Sie reden in der Presse und in den Medien von “autoarm”. Möchte man so in der Kommunikation den Leuten signalisieren, dass kein völliger Verzicht auf das Auto erforderlich ist?
Das ist der Punkt, aber es geht hier nicht um ein Greenwashing einer Idee, sondern das ist tatsächlich der Kern. Das ist nicht eine ideologische Anti-Autokampagne, überhaupt nicht.
Es geht hier ganz pragmatisch um mehr Flächengerechtigkeit. Will heißen, eine bessere Aufteilung des öffentlichen Raums zwischen zu Fuß gehen, Radfahren, Pkws und zum Beispiel auch dem ÖPNV. In diesem System spielt natürlich eine große Rolle, dass die Menschen in den Superblocks weiter erreichbar sind, zum Beispiel für Lieferdienste et cetera, aber natürlich auch individuelle Mobilität noch nutzen können.
Die individuelle Mobilität wird für Einzelne immer – oder zumindest noch für viele Jahre – Thema bleiben. Egal, ob man beruflich bedingt oder vielleicht aus gesundheitlichen Gründen, auf das eigene Auto angewiesen ist. Es gibt natürlich auch Leute, die einfach das Auto als bevorzugtes Fortbewegungsmittel sehen. Tendenziell ist ja aktuell der Anteil an E-Mobilität steigend. Wird das dann auch in Form von Ladeinfrastruktur in Darmstadt bei diesem Feldversuch direkt mit eingeplant und berücksichtigt?
Ladeinfrastruktur sollte in einem Superblock-Modell absolut eine Rolle spielen und wird von uns mitgedacht. Gleichzeitig muss man darauf hinweisen, dass perspektivisch die Bereitstellung und der Betrieb von Ladeinfrastruktur eigentlich weniger eine Aufgabe der Kommunen ist, sondern eine Aufgabe von Energieversorgern, die darin ein Geschäftsmodell sehen. Wenn man denn den Übertrag auf das klassische Auto einmal wagen möchte ist es ja auch nicht so, dass die deutschen Kommunen oder auch andere Kommunen weltweit Tankstellen betreiben.
Insofern ist es so, dass perspektivisch das Thema Ladeinfrastruktur auch eine privat organisierte Sache sein wird und sein muss, um sie flächendeckend auszurollen. Es gibt Förderprogramme etc. und wir denken solche Themen natürlich mit, nicht nur in Bezug auf das Auto, sondern auch Ladeinfrastruktur für Fahrräder spielt zunehmend eine Rolle.
Mittlerweile gibt es ja zum Beispiel Apps, die Parkflächen anzeigen, die gerade frei sind, sodass man nicht lange um den Block fahren muss, um die nächste freie Parklücke zu finden, sondern auf Anhieb sieht, wo ein freier Parkplatz genutzt werden kann. Ist sowas in der Richtung in Darmstadt dann auch geplant?
Ich will mal zunächst mal auf einen nicht digitalen Aspekt zu sprechen kommen. Man möchte möglichst schnell in so ein Projekt hineinkommen, aber wir sagen sehr klar:
„Hier geht Sorgfalt vor Geschwindigkeit.“ Und einen testweisen Superblock können wir in Darmstadt dann machen, wenn wir in dem entsprechenden Quartier die Parkraumbewirtschaftung einführen.
Warum sagen wir das? Es ist ein Erfahrungswert, dass, wenn in einem Quartier Parkraumbewirtschaftung stattfindet, ungefähr 10 Prozent der Pkw, ohne dass dafür Berechtigungsscheine beantragt werden, aus dem öffentlichen Raum verschwinden.
Wohin verschwinden die? In der Regel ist es so, dass private Parkflächen, Garagen, Hofeinfahrten et cetera wieder besser genutzt werden und man eher darüber nachdenkt, tatsächlich diese existierenden Parkmöglichkeiten zu nutzen, anstatt vielleicht etwas bequemer, das Auto vor dem Haus auf der Straße abzustellen.
Digitalisierung freier Parkplätze im Quartier als zweischneidiges Schwert
Insofern habe ich hier schon mal im Regelfall 10 Prozent Flächengewinn, mit dem ich wieder arbeiten kann in solch einem Superblock-Modell. Es gibt auch in Darmstadt Diskussionen, ob wir eine entsprechende Digitalisierung, zum Beispiel von freien Parkplätzen anstreben sollten. Das ist eine Medaille mit zwei Seiten. Einerseits ist es so, dass ich einen gewissen Umweltbeitrag habe, weil der Parksuchverkehr nicht so lange andauert, sondern gezielt auf einer kürzeren Strecke läuft. Zum anderen ist es aber so, dass es eine Attraktivierung ist und den psychologischen Anreiz schafft: „Ich werde einen Parkplatz finden, ich habe ja die App.“.
Ob das dann tatsächlich der Fall ist, ist wieder eine andere Frage, aber insofern ist da auch wieder der zweite Effekt, dass unter Umständen mehr Autofahrten gefördert werden durch solche Apps. Ich sehe beide Aspekte, finde solche Apps aber zum Beispiel insbesondere interessant, sie dahingehend auszubauen, dass sie einen Vorteil für mobilitätseingeschränkte Menschen bieten, also dass zum Beispiel Behindertenparkplätze, die frei sind, schneller auffindbar sind für Menschen, die diese Mobilität wirklich dringend benötigen.
Wenn das Thema autonomes Fahren stärker verbreitet ist, könnte das weitaus stärker Anklang finden, sodass die Fahrzeuge dann eigenständig App-gesteuert Parkplätze suchen, wo sie dann warten, bis sie die nächste Shuttle-Fahrt beginnen.
Da sind wir ja schon in einer Zukunft deutlich jenseits unserer Verwirklichung unserer Superblock-Idee in Darmstadt. Aber hier gehen ja die Visionen tatsächlich bis dahin, dass wir in Zukunft über einen autonomen Carpool verfügen werden und die autonom steuernden Elektroautos dann tatsächlich in der Regel überhaupt keine Markierungsflächen mehr beanspruchen, weil sie passgenau immer zum jeweiligen Kunden weiterfahren oder zum jeweiligen Nutzer/Nutzerinnen. Das ist natürlich eine Vision, von der wir uns noch ein Stück weit entfernt befinden.
Sie hatten eingangs Barcelona erwähnt als Beispiel zum Thema Superblocks. War Barcelona Vorbild für die Pläne für die Stadt Darmstadt oder gibt es da eine andere Stadt, die Inspiration und Vorbild war?
Es ist so, dass man tatsächlich an dieser Stelle insbesondere Barcelona hervorheben muss. Es ist die Stadt, die in Europa der Vorreiter an der Stelle ist. Weil Barcelona weithin von einer Blockrandbebauung geprägt ist, ist es natürlich auch eine Stadt, in der ich eine Vergleichbarkeit habe, zum Beispiel mit unseren gründerzeitlichen Ringen, die in vielen deutschen Städten ausgebildet sind. Und es ist so, dass man da tatsächlich von sprechen kann, dass die Bewegung von dort ausgegangen ist, aber es ist ja bei weitem nicht in Barcelona stehen geblieben.
“Superblocks der frühen 1980er” in Darmstadt
Wir haben zum Beispiel in Deutschland, auch im Moment in Stuttgart, parallel eine entsprechende Bemühung, einen Superblock einzurichten. Ich sage auch immer, mit einer gewissen Ironie, dass wir wahrscheinlich hier in Darmstadt selbst einen der ältesten Superblocks der Geschichte haben, weil wir im gründerzeitlichen Quartier, dem Johannes-Viertel, eine langgestreckte, verkehrsberuhigte Zone haben, die, wenn man genau hinschaut, eigentlich ein Superblock der frühen 1980er Jahre ist. Also nicht jeder Pfad ist da hundertprozentig neu, aber die Kolleginnen und Kollegen in Barcelona haben das am besten in einem Projekt auf den Punkt gebracht.
Lassen Sie uns noch über das Thema Sicherheit sprechen, was ja auch gerne im Zusammenhang mit Stadt- und Quartiersentwicklung betrachtet wird.
Der eine oder andere parkt natürlich nachts lieber möglichst nah am eigenen Haus, um auf kurzem Weg in die Wohnung und “in Sicherheit” zu kommen.
Sehen Sie da Herausforderung, diese Sicherheit aufrechtzuerhalten, wenn jemand einen halben Kilometer zu Fuß durch ein Quartier laufen muss, um zur Wohnung zu kommen?
Man muss nur mal den Vergleich der aktuellen Situation mit einer zukünftigen Situation machen und dann stellt man fest, dass dieser Aspekt sich tatsächlich nicht in irgendeiner Art und Weise negativ verändert. Warum? Wenn wir heute in so ein typisches gründerzeitliches Quartier in Darmstadt und anderswo gehen und schauen uns die Parksuchverkehre an, wie sie abends zum Beispiel jetzt in der Dunkelheit ablaufen, da ist es ja nun ehrlicherweise so, dass kaum ein Verkehrsteilnehmer, der mit dem Auto unterwegs ist, einen Parkplatz vor der Haustüre findet. Eigentlich ist das, ich sage mal, ein “One in a Million”-Glücksfall, um es mal ein bisschen übertrieben auszudrücken. Das heißt, bereits heute ist es so, dass die Menschen relativ weite Wege von einem gefundenen Parkplatz im gründerzeitlichen Quartier bis zu ihrer Wohnung zurücklegen müssen.
Wenn ich Parkraumbewirtschaftung einführe, habe ich eine Entspannung der Situation an dieser Stelle – ich hatte es eben gerade beschrieben, dann steigt sogar die Wahrscheinlichkeit, bei dem eigenen Haus einen Parkplatz zu finden tendenziell. Wenn ich ein gutes System von Quartiers-Parken und Quartiers-Garagen und/oder ein flächendeckendes System im Bereich Car Sharing habe, kann jemand, der auf das eigene Auto verzichtet und ein Car Sharing-Auto nutzt, sogar unter Umständen kürzere Wege als bisher zur Wohnung haben.
Abschließend noch eine letzte Frage: Mit einem solchen Projekt dieser Größenordnung wird sicherlich auch Darmstadt ziemlich polarisieren und gespaltene Reaktionen hervorrufen.
Möchte da die Stadt da eine gewisse “Vorbild-Rolle” einnehmen für andere Städte, zum Beispiel hier in Hessen oder vielleicht sogar auf Bundesebene und andere inspirieren und motivieren nachzuziehen?
Wir wollen natürlich sehr gerne eine Vorbildfunktion übernehmen für andere Städte, das ist ein gewisser Anspruch, den wir sehr häufig auch bei wissenschaftlich begleiteten Stadtentwicklungsprojekten haben. Aber das ist natürlich nicht unser alleiniger Antrieb und es ist eigentlich auch nicht der Kern unseres Tuns. Unser Tun richtet sich ja zunächst mal auf unser eigenes Gemeinwesen und auf möglichst gute Lebensbedingungen für die Menschen in der Stadt, das ist unsere Aufgabe. Insofern ist es absolut nicht so, dass wir so ein Projekt in der Art und Weise verfolgen wollen, dass wir riskieren oder darauf abzielen, die Gesellschaft zu spalten an der Stelle.
Wir wollen natürlich sehr gerne eine Vorbildfunktion übernehmen für andere Städte … Unser Tun richtet sich ja zunächst mal auf unser eigenes Gemeinwesen und auf möglichst gute Lebensbedingungen für die Menschen in der Stadt
Leider ist es so, dass diese Diskussionen öffentlich von geneigter Seite häufig dafür ausgenutzt werden, um einen Spaltungsansatz zu forcieren. Unser städtischer Ansatz ist das überhaupt nicht. Wir wollen eigentlich mit den Menschen ins Gespräch kommen, sie davon überzeugen, dass eine Superblock-Idee für sie einen Vorteil darstellt. Und zwar für jeden Verkehrsteilnehmenden und für jeden Menschen im Quartier und dass es insbesondere das Quartier deutlich attraktiver macht als vorher. Wir erleben das häufig bei Quartieren, in denen wir schon die Parkraumbewirtschaftung eingeführt haben. Da gehen sinngemäß die Menschen am Tag nach der Einführung auf die Straße und sagen: „Huch, hier ist ja ein Gehweg, da ist ja eine Straße, da ist ja ein Quartier.“. Das heißt, das eigene Lebensumfeld wird völlig neu und viel positiver wahrgenommen.
Treffpunkte im öffentlichen Raum entstehen, wo heute nur Blech ist
Das ist zum Beispiel auch ein Ansatz, wenn wir auf das Superblock-Vorbild in Barcelona schauen. Der dort gewonnene Raum ist ausgenutzt worden, um mehr Grün in die Stadt zu bringen, auch temporär. In Barcelona arbeitet man sehr viel mit Pflanzentöpfen, das sind ja auch Verkehrsversuche, aber vor allem sind da ganz viele kleine Spielplätze entstanden.
Treffpunkte, Bänke, Stühle sind da, wo die Menschen im öffentlichen Raum auf einmal wieder miteinander in das Gespräch kommen können und ihn schlicht und ergreifend nutzen können, wo heute nur Blech vorzufinden ist.
Schönes Schlussstatement, das den Gedanken hinter einem Superblock nochmal kurz zusammenfasst. Vielen Dank fürs Interview, Herr Kolmer.
Gerne!