Tischlermeister Johannes Reichert

Johannes Reichert (Reichert Tischlerei und Möbeldesign) im Interview über die Faszination bei der Arbeit mit dem Werksstoff Holz und “Holz-Handwerk made with love in Hessen”.

“Ich bin 54 Jahre alt und Tischlermeister, habe 1994 meine Meisterprüfung abgelegt und bin seit 1997 selbständig.
Ich habe zurzeit zwei Gesellen und bin hauptsächlich tätig im Bereich Möbelbau, Innenausbau und Gesamtprojekte, das heißt, kompletter Innenausbau auch mit Rigipsarbeiten, teilweise auch kleinen Malerarbeiten.”

Die Bilder im Beitrag wurden von Johannes Reichert bereitgestellt

An meiner Arbeit fasziniert mich der Umgang mit Menschen, der Umgang mit dem Holz, die Gerüche, die Eindrücke, einfach auch, ein Naturprodukt zu verarbeiten.


Was fasziniert Sie an der Arbeit mit dem Werkstoff Holz?

Das sind viele Sachen. Etwa der Geruch beim Verarbeiten von Holz. Das sind immer andere Gerüche, je nachdem, welche Holzart man verarbeitet.
Auch das Ölen von Oberflächen, das Lackieren. Das sind ja alles Gerüche, die da mit einfließen. Es ist ein Naturprodukt. Ich kann es formen. Es ist auch immer wieder interessant zu sehen, was denn dabei rauskommt. Am Anfang sehe ich ein Stück Holz, ungehobelt. Zum Schluss steht da ein fertiges Möbelstück. Das ist natürlich für mich nicht mehr ganz so faszinierend, weil ich es kenne, aber für jeden Fremden ist das ein großes Erlebnis, was denn da rausgekommen ist.

Sie sind Tischlermeister mit einer eigenen Schreinerei hier im hessischen Geisenheim. Neben dem regulären Tagesgeschäft, wie kreativ können Sie dann tatsächlich noch neben der täglichen Arbeit sein?

Das Kreative ist immer phasenweise bei mir. Kreativ werde ich eigentlich immer erst nach der Arbeitszeit. Das heißt, ich habe immer Projekte, die mir in den Kopf kommen. Und dann fange ich einfach an. So wie das Schnitzen von Yoga-Figuren zum Beispiel.
Das war einfach nur durch einen Werbegag. Auf Facebook habe ich Yoga-Figuren gesehen und habe gedacht, sowas kann man auch schnitzen. Oder ein Bambusfahrrad bauen. Also kreativ können Sie in allen Bereichen werden.

Holzbau “Made in Hessen”. Würden Sie sagen, dass das aus Ihrer Sicht ein Qualitätsmerkmal ist?

Ich glaube, das ist unabhängig davon, ob es jetzt Hessen, Rheinland-Pfalz oder Bayern ist. Allgemein finde ich, dass es oft unterschätzt wird, was Handwerk für die Leute bringt. Oder wie wichtig das Handwerk allgemein für die Bevölkerung ist. Und das muss, glaube ich, auch wieder in die Köpfe der Leute zurück. Was wäre denn, wenn wir nur die Industrie hätten und nicht das Handwerk?

Was macht das Handwerk im Speziellen aus Ihrer Sicht zu einer attraktiven Branche? Zum Beispiel auch für junge Menschen, für den Nachwuchs.

Ich bin der Meinung, wer einen handwerklichen Beruf ausübt, der braucht nicht viel Hilfe.
Wer einen handwerklichen Beruf erlernt, der kann auch viel in anderen Handwerksberufen, weil dieser Mensch sich einfach die Fingerfertigkeit erarbeitet.

Er trifft ja auch viele andere Handwerksbranchen auf der Baustelle, guckt sich das Ganze ab.
Er kann malern, verputzen. Das ist alles eine Übungssache. Mir hat mal meine Mutter gesagt: „Entweder wirst du Handwerker oder du lernst einen Beruf, in dem du so viel Geld verdienst, dass du dir den besten Handwerker leisten kannst.“

Bei all der Digitalisierung aktuell in der Branche, würden Sie sagen, es ist trotzdem gut und sinnvoll, wenn man noch mit Papier und Stift etwas zeichnen kann, sodass man auch mal dem Kunden zum Beispiel vor Ort eine Handskizze zur Erklärung machen kann?

Es zeigt ja eine gewisse Kreativität, wenn ich vor Ort einem Kunden aus dem Handgelenk eine kleine Skizze fertigen kann. Das hängt aber auch viel mit Talent zusammen.
Man kann sowas erlernen, aber man braucht ein gewisses Talent für solche Sachen.
Aber das zeigt sich immer wieder, wenn ich sowas vor Ort mache bei Kunden: Digitalisierung ist faszinierend, aber faszinierender finden Kunden, wenn man ohne groß vorher abzusprechen, einfach eine kurze Skizze anfertigt. Das muss keine super genaue Skizze sein, aber Kunden merken sofort: “hier hat jemand das Talent für sein Handwerk“.

Wann ist für Sie ein Ort gut und welche Rolle spielt das Holz dabei?

Ein Ort ist gut für mich, wenn ich keine Gedanken mehr an meine Arbeit habe, an Krankheiten oder sonst was, wenn ich voll abschalten kann. Und dieser Ort ist meistens für mich in der Natur, beim Fahrradfahren oder beim Spazierengehen. Einfach nur mal die Natur genießen und abschalten können.

Die Bilder im Beitrag wurden von Johannes Reichert bereitgestellt

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