
Ippolito Fleitz
Peter Ippolito, Dipl.-Ing. Architektur, ist einer der beiden Gründungspartner der renommierten Ippolito Fleitz Group, die er 2002 gemeinsam mit Gunter Fleitz ins Leben rief. Das multidisziplinäre Designstudio mit Hauptsitz in Stuttgart und Niederlassungen in Berlin, Shanghai und weiteren Metropolen versteht sich als „Identity Architects“ – ein Begriff, der zugleich Programm ist: Räume als Verdichtung von Marken, Identitäten und menschlichen Ritualen zu denken.
Copyright Foto: Ippolito Fleitz Group
Doppio & Design Ep. 02 mit Peter Ippolito – Das Interview als Podcast anhören
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Weitere InformationenCafés und Kaffeebars sind mehr als nur Orte für den Kaffeegenuss
Wer heute ein Café betritt, der betritt häufig weit mehr als einen Ort für den Kaffeegenuss.
Er betritt einen Raum, der einen bestimmten Lebensstil widerspiegelt. Eine Geschichte und Erzählung. Einen kulturellen Filter. Architekt Peter Ippolito bringt es auf den Punkt: „Nicht jedes Café erzählt ja Kaffee“.
Was zunächst paradox klingt, bezieht sich auf die architektonisch und atmosphärisch enorme Vielfalt von Cafés als Teil des Hospitality Sektors. Angesprochen werden nicht nur Social-Media-affine #coffeelover mit unterschiedlichen Vorlieben, sondern zum Beispiel auch die Familien mit Kindern auf der einen Seite und andererseits der „Business-Typ“, der für die kurze Kaffeepause während der Mittagspause vermutlich einen anderen Kaffee-Spot ansteuern wird.
Kaffee-Kult: Vom Getränk zur Identität – und zur Inszenierung von Atmosphäre
Cafés sind heute soziale Betriebssysteme, keine reinen Produktverkaufsräume. Ihre Wirkung entsteht aus der Glaubwürdigkeit von Gastgeberpersönlichkeit, Raum, Zielgruppe und der Art des „Kaffee-Rituals“.
„Ist das durchgängig? Stimmt der Typ, der da hinter der Kaffee-Theke steht, mit dem Produkt überein, mit dem Raum überein, mit der Zielgruppe überein?“, fragt Ippolito. Erfolgreich wird ein Café nicht über Interior-Ästhetik allein – sondern über das harmonische Gesamtpaket.
In kleinen Strukturen, sagt er, funktioniert nichts gegen den Gastgeber. „Der prägt mit seiner Persönlichkeit. Gegen die Vorstellungen des Gastgebers zu arbeiten wäre dumm. Also musst du damit arbeiten“. Architektur ist hier nicht Dekoration, sondern Resonanzraum. Der Raum erzählt, wer man ist – und gleichzeitig wird klar, welcher Gast willkommen ist.
Blick auf Kaffee und Architektur in Shanghai mit Architekt Peter Ippolito
Weltweit ist kaum eine Stadt so dicht gesättigt mit Kaffeekultur wie Shanghai. „Du kannst sprichwörtlich nicht 200 Meter laufen, ohne einen Coffeeshop zu haben“, erzählt Ippolito. Um sein Büro herum, im Umkreis von 50 Metern, liegen fünf Cafés. Vor zehn Jahren waren das noch „Lifestyle-Hobbyprojekte“, kleine Läden mit glänzenden La Marzocco Siebträgermaschinen und viel Leidenschaft. Heute ist daraus ein professionalisierter Markt geworden – ohne den Charme verloren zu haben.
Shanghai ist ein Lehrstück für urbane Transformation. Das Café wird dort zum verdichteten Ausdruck eines Lebensstils: einer Mischung aus handwerklichem Stolz und digitaler Präzision. Zwischen Smartphone-Payment und Latte Art entsteht ein kulturelles Spannungsfeld, das zeigt, was passiert, wenn Globalisierung lokalisiert wird und wenn in der Hektik einer Stadt immer häufiger Ruhe- und Zufluchtsorte gesucht werden.
Architektur + Kaffee bei Team Events erlebenDigitalisierung in der Gastronomie auf der einen Seite, Wandel zur „Entschleunigung“ beim Kaffeegenuss auf der anderen Seite
Die Technologisierung des Alltags führt in Asien nicht zur Entfremdung, sondern zur Gegenbewegung. „Kultur verändert sich, und Gesellschaften verändern sich. Dem können wir uns gar nicht entgegenstellen – wir können Veränderungen nur begleiten“, sagt Ippolito. Gerade in Ländern, die uns im Bezug auf den digitalen Lifestyle fünf Jahre voraus sind, boomt aktuell das Analoge: handgebrühter Kaffee, geduldige Extraktion, die Liebe zum Prozess.
„Was gerade boomt in China, ist weniger der Automaten-Kaffee, sondern genau das Handdripping“, sagt er. In einer Welt, die von Beschleunigung geprägt ist, wird das manuelle Brühen zum Ritual des Widerstands. Die Zeit, die man beim Warten „verliert“, gewinnt man als Erholung und Erfahrung zurück. Dieses Innehalten, dieses bewusste Tun, wird zur Form von Selbstbestimmung – und zur räumlichen Qualität.


Poggenpohl Manufacturing GmbH, Shanghai, Projekt der Ippolito Fleitz Group 2023 | © Fotos: Zhu Di
Küchenhersteller Poggenpohl in Shanghai: Kaffee als Markenraum
Dass Kaffee längst zur räumlichen Kommunikationsstrategie gehört, zeigt das Projekt der Ippolito Fleitz Group für Poggenpohl in Shanghai. „Natürlich verkaufen die Küchen“, sagt Ippolito, „aber sie verkaufen an der Stelle keine Küchen, sondern eine Idee von Lifestyle“. Der Flagshipstore in der ehemaligen French Concession verbindet historischen Kontext mit Markeninszenierung – und einem Café in einer beliebten und trendigen Ecke der Stadt.
Dieses Café wird zum Ankerpunkt. Es funktioniert unabhängig vom Showroom und verknüpft die Marke mit alltäglichen Momenten. „Die jungen Leute brauchen vielleicht noch zehn Jahre, bis sie das Geld haben, sich eine Küche zu kaufen. Aber die Marke ist im Kopf“, erklärt Ippolito. Eine Tasse Kaffee wird hier zum alltäglichen Berührungspunkt mit einer Premium Marke im Küchen-Sektor.

Das Workplace Café: Das neue Zentrum der Arbeit

Doch die vielleicht spannendste Entwicklung findet jenseits der Straße statt – in den Büros. Was früher auf eine kleine Teeküche reduziert wurde, wurde heute abgelöst von Begegnungsorten, die das Zentrum und Herzstück der Unternehmenskultur werden.
„Da hat ein totaler Paradigmenwechsel stattgefunden“, sagt Ippolito. „Das ist nicht mehr Mitarbeiterversorgung, sondern der zentrale Ort, an dem Identität und Werte erlebt werden“.
Am Beispiel von Beiersdorf in Hamburg zeigt sich, wie Architektur Kollaboration und Kultur transportiert und fördert. Statt klassischer Lobby empfängt ein 6.000 Quadratmeter großes Food-&-Beverage-Ensemble: Workplace Café, Markenraum: „Diese Orte sind wie ein Bienenstock“, beschreibt Ippolito. Menschen arbeiten, treffen sich zufällig, tauschen Ideen aus – Serendipität als räumliches Prinzip.
Hier, wo Kaffee Gespräche auslöst, entsteht Innovation. Der Duft von Espresso ersetzt das sterile Flimmern des Neonlichts. Architektur wird zum aktivierenden Element und verbindet.

Architektur und Raumgestaltung zwischen Gastlichkeit und Gestaltung
Trotz aller Komplexität bleibt die Essenz einfach: „Wenn du dich wohlfühlst, kommst du wieder“, sagt Ippolito. „Wohlfühlen passiert über Gastlichkeit zuallererst“.
Der schönste Raum bleibt leer, wenn der Gastgeber fehlt. Die gelungensten Projekte entstehen, wenn Angebot, Raum und Mensch konsistent zusammenfinden. „Wenn du nur einen hübschen Raum hast und einen beschissenen Wirt, gehst du einmal hin, gehst vielleicht zweimal hin, machst ein Foto – und kommst nicht mehr wieder“.
Diese Klarheit ist entwaffnend. Architektur kann Atmosphäre schaffen, aber keine Seele ersetzen. Das gelingt nur, wenn beides – Place und People – dieselbe Sprache sprechen.
Identity Architecture – Authentizität wird zur Währung bei Café-Konzepten
Nach Jahrzehnten globaler Homogenität erlebt die Café-Welt eine Rückbesinnung. „Starbucks macht sich gerade klein, weil heute das Lokale „sexy“ ist. Deswegen versuchen die Großen, sich lokal zu positionieren und sich kleiner zu machen, anfassbarer zu werden“, sagt Ippolito. Das Lokale ist das „neue Exklusive“. Menschen suchen Nähe, Überschaubarkeit, Geschichten, die sie glauben können.
Nachhaltigkeit spielt dabei eine selbstverständliche Rolle. Doch sie ist nicht mehr das Thema, sondern die Basis. Authentizität wird zur Währung – und der Raum zum Medium dieser Wahrhaftigkeit.

Architektur von Cafés und Kaffeeorten – „Es geht um Menschen“
Am Ende bleibt das Café ein Mikrokosmos der Gesellschaft. Ein Ort, an dem sich Digitalisierung, Globalisierung, Identität und Sinnlichkeit treffen. Manchmal in fünfzig Quadratmetern, manchmal in 6000. Doch immer im selben Spannungsfeld: Nähe und Distanz, Tempo und Ruhe, Routine und Ritual.
„Das ist immer das Schöne an Hospitality“, sagt Ippolito. „Es geht um Menschen“. Zwischen stylischem Aluminiumwürfel in Paris oder einer kleinen, inhabergeführten Kaffeebar im urbanen Shanghai entscheidet sich, was erzählt wird und wer zuhört.
Denn „nicht jedes Café erzählt Kaffee“ – aber jedes erzählt ein bisschen darüber, wer wir sind.
Ihr träumt davon euer eigenes Café zu eröffnen?
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