Architekturspaziergang entlang der Wilhelmstraße – die “Wiesbadener Rue”

Die Wilhelmstraße, liebevoll in der Region als “Wiesbadener Rue” bezeichnet, bildet eine zentrale Verkehrsader in Wiesbaden und erlaubt einen faszinierenden Einblick in die Geschichte, Architektur und städtebauliche Entwicklung der charmanten Landeshauptstadt Hessens. Die “Rue” erstreckt sich majestätisch vom Kurhaus mit dem Bowling Green bis hin zum voraussichtlich im Sommer 2024 eröffnenden Museum Reinhard Ernst mit der Hausnummer 1.

Ihren Namen trägt die Wilhelmstraße seit 1820 – Namensgeber war Herzog Wilhelm I. von Nassau-Weilburg (1792-1839). Die Geschichte der Wilhelmstraße reicht zurück in eine Zeit, als Wiesbaden zu einem beliebten Kurort aufstieg. Die Kaiserzeit prägte die Stadt und die Wilhelmstraße wurde zu einem Schauplatz gesellschaftlicher und kultureller Ereignisse.
Ihre Bedeutung als “Flaniermeile” wird durch zahlreiche elegant gestaltete Gebäude und Geschäfte unterstrichen.

Blick auf Fassaden entlang der Wilhelmstraße in Wiesbaden mit den gegenüberliegenden Bäumen (thegoodplace.com.de)

Wilhelmstraße: Kur, Kultur, Shopping- und Flaniermeile in Wiesbaden

Die Architektur entlang der Wilhelmstraße ist eine Mischung verschiedenster Stilrichtungen.
Ein herausragendes Beispiel ist das Kurhaus Wiesbaden – ein prächtiges Bauwerk im neoklassizistischen Stil, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht. 1905 wurde das “Alte Kurhaus” abgerissen – es entstand ein neues, größeres und moderneres Kurhaus, das Kaiser Wilhelm der II. bei der Eröffnung des Neubaus 1907 als “das schönste Kurhaus der Welt” betitelte.
Ebenso beeindruckend ist die 1826/1827 errichtete Kurhauskolonnade, die sich unmittelbar neben dem Kurhaus befindet – mit 129 Metern Länge Europas längste Säulenhalle.

Die Wilhelmstraße hat historische und architektonische Bedeutung und bildet die östliche Begrenzung des sogenannten “Historischen Fünfecks” Wiesbadens.

Auch am angrenzenden Kureck pulsiert das Leben – hier entsteht aktuell der “Wohnturm Kureck”, ein 60 Meter hoher Wohnturm mit hochwertigen Eigentumswohnungen. Urbanes Leben, “mittendrin” und zentral gelegen und doch ruhig und mit einer atemberaubenden Aussicht.

Mit exklusiven Geschäften und kulturellen Einrichtungen prägt die Wilhelmstraße das Stadtbild und zieht Besucher aus aller Welt an. Die Promenade dient nicht nur als Ort des Flanierens, sondern auch als Schauplatz für Veranstaltungen, Festivals und kulturelle Ereignisse wie das bekannte Wilhelmstraßenfest (Theatrium), das übrigens auch 2024, vom 07. bis zum 09. Juni, wieder stattfindet (Quelle).

Die Vielfalt der Architektur der Landeshauptstadt Wiesbaden in einer Straße

Neben Anwohnern, Touristen und Tagesgästen besuchen auch Kurgäste regelmäßig die Stadt und in dem Zusammenhang natürlich auch die Wilhelmstraße, die, mit Baumreihen versehen, unmittelbar entlang der Parkanlage “Warmer Damm” verläuft.
Gleich hinter dem Kurhaus beginnt der Kurpark – Erholung inmitten der Stadt ist also nicht nur für die Kurgäste gegeben. Die “Rue” ist jedoch nicht bekannt dafür, ein Ort zum Verweilen in Cafés zu sein. Früher gab es mal mehr gastronomische Betriebe, heute entdeckt man den ein oder anderen Gastronomiebetrieb an den Enden der Wilhelmstraße. Und auch das neue Museum Reinhard Ernst wird einen gastronomischen Betrieb bekommen.

Die städtebauliche Entwicklung und der Wandel von Wiesbaden spiegeln sich in ihrer Architektur wider.
Von Jugendstil-Fassaden (z.B. Hotel Bellevue) und dem historischen Kurhaus (Neoklassizismus mit Jugendstilmotiven) bis zum sehr modernen Wiesbadener “Zuckerwürfel”, dem Museum Reinhard Ernst und dem aktuell neu entstehenden Wohnturm am Kureck an der Schnittstelle von Wilhelmstraße, Kurpark und Kurhaus, reflektiert die Straße die Vielfalt der Stadt.

Erreicht man das Ende der Wilhelmstraße an der Kreuzung der Rheinstraße, bemerkt man zwei weitere Gebäude, die bei einem Architekturspaziergang entlang der Rue nicht fehlen dürfen:
Das RheinMain CongressCenter (RMCC) ist ein Paradebeispiel für zeitgemäße Architektur, das den traditionellen Charakter der Kurstadt mit innovativem Design verbindet und ein Symbol für den urbanen Fortschritt darstellt.
Gleich gegenüber befindet sich das Museum Wiesbaden, das zwischen 1913 und 1915 entstand.
Hier hat das Büro “Schulze + Schulze” aus Kassel einen “Neubau im Altbau” geschaffen, mit strahlend weißen Wänden für die Kunstwerke, moderner Klimatechnik und zeitgemäßen Sicherheitsmaßnahmen (Quelle).

7 architektonisch sehenswerte Orte entlang der Wilhelmstraße und der Friedrich Ebert-Allee:

Das Kurhaus Wiesbaden


Fertigstellung: 1907
Wiedereröffnung: 1987
Architekt: Friedrich von Thiersch

Nachdem es im zweiten Weltkrieg großen Schaden nahm wurde ab 1983 das Kurhaus restauriert und modernisiert. Den ursprünglichen Stil von 1907, mit seinen Reizen wilhelminischer Architektur, konnte man dank vorhandener Pläne von Friedrich von Thiersch und Fotografien wiederherstellen.

Kurhauskolonnade


Fertigstellung: 1826/1827
Architekt: Heinrich Jacob Zengerle

Es ist die längste Säulenhalle Europas.
Einst gebaut als überdachter Weg in den Kursaal mit Läden und Geschäften für Kurgäste befindet sich heute hier das “Kleine Spiel” der Spielbank Wiesbaden.
Südlich gelegen findet man die Theaterkolonnade, das Gegenstück, das jedoch keine Verglasung hat. 

Erbprinzenpalais / IHK Gebäude


Fertigstellung: 1817
Architekt: Christian Zais

Das Erbprinzenpalais ist seit 1968 im Besitz der Industrie- und Handelskammer Wiesbaden – seit 2007 mit komplett weißer Fassade (Quelle). Der Bau ist der einzige noch erhaltene der drei klassizistischen Gebäude des Architekten Christian Zais – das Alte Kurhaus wurde durch einen Neubau ersetzt, das Hotel Vierjahreszeiten im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Die Villa Clementine


Fertigstellung: 1882
Architekt: Georg Friedrich Fürstchen

Der Mainzer Fabrikant Ernst Mayer ließ diese Villa für seine Frau Clementine errichten – sie verstarb jedoch kurz nach der Fertigstellung.
Seit 1960 befindet sich das Gebäude in städtischer Hand – es gab zeitweise Überlegungen, den Bau abzureißen, um eine U-Bahn Station zu schaffen.
Seit 2001 betreibt das Kuramt der Stadt hier das “Literaturhaus”.

Das Museum Reinhard Ernst


Fertigstellung: vorauss. Sommer 2024
Architekt: Fumihiko Maki

Das Museum Reinhard Ernst geht auf den namensgebenden Stifter und Mäzen Reinhard Ernst zurück. Mit dem weißen Granitstein und der außergewöhnlichen Form ein Blickfang – der Bau entsteht gleich neben dem Museum Wiesbaden.
Das Erdgeschoss des Museums wird während den Öffnungszeiten frei zugänglich sein. Sammler Reinhard Ernst möchte insbesondere auch jungen Menschen Kunst näher bringen.

Mehr zu dem Museum Reinhard Ernst findet ihr übrigens auch in diesem Beitrag:

Auch lesenswert
Architektur von Kulturbauten – stadtbildprägende Meisterwerke (+ First Look: Museum Reinhard Ernst Wiesbaden)

Hier endet (bzw. beginnt) die Wilhelmstraße, doch unmittelbar nach der Kreuzung bietet uns die Friedrich-Ebert-Allee noch zwei sehenswerte Gebäude, die wir hier auf jeden Fall nicht unerwähnt lassen wollen.

Das Museum Wiesbaden


Fertigstellung: 1915 (Gemäldegalerie)
Architekt: Theodor Fischer

Mit seiner eleganten Architektur und beeindruckenden 7.400 Quadratmeter Ausstellungsfläche beherbergt das Museum Wiesbaden eine umfangreiche Kunstsammlung. 2007 gab es sogar die Auszeichnung als „Museum des Jahres“. 

RheinMain CongressCenter RMCC


Fertigstellung: 2018
Architekt: Architekturbüro Ferdinand Heide

Als modernes Architekturwunder steht das RMCC für die Verbindung von Tradition und Innovation. Der Bau entstand als Ersatz für die alten Rhein-Main-Hallen – ein Ort für internationale Kongresse und Veranstaltungen. Schon vor der Eröffnung gab es das DGNB-Zertifikat in Platin für den Bau

Workshop:
Urban Sketching entlang der Wiesbadener Rue – Architektur erleben und sketchen

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Copyrights der Bilder im Beitrag: thegoodplace.com.de

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