Holzbau übt eine gewisse Faszination aus – egal ob bei Optik, Haptik oder Geruch.
Der Werkstoff gibt uns im Wohnumfeld oder am Arbeitsplatz ein Gefühl, der Natur nah oder verbunden zu sein.
Das Unternehmen ZÜBLIN Timber beschäftigt sich in diesem Bereich mit der modularen Holzbauweise, was unter anderem für Wohnheime wie auch für Schulen und Büros eine schnell realisierbare Lösung darstellt. Anders Übelhack spricht im Interview über die Arbeit mit Holz und über Lösungen in modualerer Bauweise.

Anders Übelhack
„Mein Name ist Anders Übelhack. Ich leite bei ZÜBLIN Timber den Bereich Akquisition und bin Holzbauingenieur. Seit 1999 bin ich in dem Unternehmen tätig und habe schon in vielen Bereichen wie Projektleitung und technisches Büro gearbeitet. Seit einigen Jahren kümmere ich mich darum, dass wir Aufträge bekommen.“
Foto: ZÜBLIN Timber GmbH
Worin liegt aus Ihrer Sicht die Faszination bei der Arbeit mit dem Rohstoff Holz?
Es hat mich als Kind schon immer begeistert mit dem Werkstoff Holz umzugehen.
Wir haben auch Wald zuhause, bei meinem Elternhaus. Gleichzeitig war da das Thema Bauen – beides zu verknüpfen ist klasse. Ich glaube, Ästhetik und Haptik spielen eine große Rolle.
Genau das macht es für mich eigentlich aus. Eben auch aus der Rückmeldung der Bauherren, die wir haben, bei denen das Thema „Wohlfühlen“ immer wieder genannt wird. Das finde ich sehr faszinierend. Wenn man in ein Haus reingeht, in einen Rohbau aus Holz und einen Rohbau aus Beton – das ist ein Riesenunterschied. Da erlebt man eigentlich, was diese Faszination für den Werkstoff Holz im Bauen ausmacht. Und was mich eigentlich letzten Endes antreibt, diesen Job zu machen.
Wir haben im Rhein-Main-Gebiet auf der einen Seite die Thematik, bezahlbaren Wohnraum schaffen zu müssen. Auf der anderen Seite das Thema Nachhaltigkeit.
Dazu aber auch die Preissteigerung und Problematik mit Rohstoffmangel und Materialknappheit, eben durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg bedingt.
Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen?
Die größten Themen sind natürlich erstmal die begrenzten Verfügbarkeiten der Ressourcen, ganz grundsätzlich betrachtet. Rückblickend über die letzten Jahre gesehen, ist ein ganz großes Thema die Baugenehmigungsseite. Letztendlich werden wir immer komplizierter und damit auch teurer bauen müssen. Steigende Energiekosten sorgen da natürlich ebenfalls in der Folge für steigende Baukosten. Drittes große Thema ist dann der Fachkräftemangel in der gesamten Branche.
Wir müssen ja überall höhere Anforderungen erfüllen und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum schaffen – wie soll das dann gehen? Da geht die Schere einfach immer weiter auseinander.
In den Ballungsgebieten kommen natürlich noch die steigenden Grundstückspreise dazu, die dann nochmal einen wichtigen Faktor ausmachen. Aber das ist regional sehr unterschiedlich.
Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang über das Thema Holz-Hybrid-Systeme sprechen. ZÜBLIN Timber hat ein eigenes Produkt entwickelt unter dem Namen MOLENO. Was genau steckt dahinter?
Das ist eigentlich aus der Historie geboren. Wir haben eine zeitlang Projekte speziell im Bereich Studenten-Wohnheime in einer kompletten Holzlösung angeboten. Die Decke war zum einen immer ein Stück weit ein Kostenfaktor und zum anderen ein technologischer Aspekt. Etwa im Hinblick auf Schallschutz und Brandschutz, besonders bei großvolumigen Gebäuden.
Deswegen sind wir auf die Idee gekommen, Holzwände im Außenwandbereich, vor allem mit Betondecken zu bauen. Wir haben da ein aus unserer Sicht optimales Hybrid-System entwickelt, das wir jetzt am Markt etablieren.
Warum haben Sie sich für dieses modulare Bausystem entschieden?
Zum einen aus wirtschaftlichen, zum anderen aus technischen Gründen. Brandschutz und Schallschutz waren ursprüngliche Treiber für das Ganze. Dieses MOLENO-Konzept schafft die Möglichkeit, große Spannweiten zu realisieren. Das heißt, freie Grundrisse in der Nutzung der Gebäude zu schaffen.
Nun klingt „Modulbau“ für viele erstmal nach „standardisiertem Einheitsbau“.
Wenn man an das Thema Wohnen denkt, möchte man schon gerne nach den eigenen Vorstellungen und Wünschen bauen. Wie viele Möglichkeiten, etwas zu individualisieren hat man denn bei einem modularen Holz-Hybrid-Bau?
Wir haben systemimmanente Rahmenbedingungen, die hauptsächlich aus der Statik resultieren.
Dabei geht es um Fenstergrößen und -öffnungen. Ansonsten ist es ein extrem freies System.
Wir bauen umgangssprachlich eigentlich einen „hohlen Vogel, den man beliebig mit entsprechendem Innenausbau und TGA versehen kann. Es gibt bestimmte Kriterien, die notwendig zu beachten sind, etwa bei der Leitungsführung und TGA-Führung.
Da ist es wichtig sehr zeitig beim Planungsstart, in den frühen Leistungsphasen und der Vorplanung, den Konzeptgedanken schon mit in die Planung zu integrieren. Das ist ganz entscheidend. Wir machen sehr viele Projekte in diesem Konzept in einem sogenannten Generalübernehmer Verfahren. Somit sind wir sowohl für die Planung, als auch für die Ausführung verantwortlich, wodurch wir das sehr früh steuern können. Beziehungsweise muss man mit den bauseitigen Planern und Bauherren so zusammenarbeiten, dass die Gedanken frühzeitig implementiert werden.
Gibt es für MOLENO „typische“ Einsatzzwecke oder eine bestimmte Zielgruppe, die besonders mit dem modularen Holzbau angesprochen werden soll?
Wir haben eigentlich begonnen mit dem Thema Wohnheim-Bau, wie erwähnt die Studentenwohnheime. Aktuell kommt durch die Umstände des Ukraine-Krieges wieder das Thema Flüchtlingswohnheime auf uns zu. Auch da sehen wir einen Einsatzbereich. Generell alles, was Wohnheim-Charakter hat.
Aktuell bauen wir beispielsweise eine Schule in Erfurt. Das Konzept ist also auch ein Schulbau-Konzept. Und wir haben jetzt gerade den Auftrag für ein Bürogebäude bekommen. Sie sehen, sogar für Bürogebäude verwenden wir dieses System.
Kommt bei dem Ganzen das Thema Digitalisierung ins Spiel und ist BIM beispielsweise auch ein Thema, das bei Ihnen berücksichtigt wird?
Das Konzept ist komplett BIM-basiert. Die Bauteile sind vollständig digitalisiert. Dadurch entsteht dieser Effekt, dass ich über die jeweiligen Einzelprojekte einen sehr schnellen Output für vergleichbare Neuprojekte und die Projekt-Akquise bekomme. Das ist unter anderem für die Kalkulation entscheidend. Wenn wir einen Auftrag bekommen, nutzen wir dieses BIM-Modell zudem für die Ausführung, für die Bau- und Projektleitung. Letztendlich können wir es ebenfalls für die laufende Qualitätskontrolle nutzen.
Von welchen Zeiträumen spricht man, ab der Planung bis dann der finale Bau tatsächlich steht, bei so einem Projekt? Beispielsweise bei einer Schule in Holz-Hybrid-Bauweise?
Das hängt natürlich von der gesamten Projektgröße ab.
Der große Vorteil an diesem modularen MOLENO-System ist, dass man die Planungszeiten und die Zeiten zur Bauabwicklung minimieren kann. Es entsteht ein Wiederholungseffekt durch die immer gleichbleibenden Details. Dadurch kann man sagen: der durchschnittliche Projektlauf ist unter einem Jahr, von der Planung bis zur Fertigstellung.
Ein größeres Thema sind da eher die Dinge, die noch auf dem Baugrundstück im Bereich Keller, Bodenplatte und so weiter, erfolgen müssen. Das ist maßgeblich entscheidend für die Zeitschiene. Aber in der Regel kann man solche Projekte in einem Zeitraum bis zu einem Jahr realisieren.

Wie haben Sie die vergangenen beiden Jahre erlebt, mit dem Thema Rohstoffknappheit in der Pandemie und aktuell dem Krieg in der Ukraine?
Hat das spürbaren Einfluss auf das Geschäft und die Bauzeiten?
Das hat einen sehr großen und sehr extremen Einfluss. Wir haben speziell im Holzbereich letztes Jahr eine sehr große Verknappung gehabt. Zurückzuführen war das auf eine hohe Nachfrage in Kombination mit im Beginn der Coronazeit geringem Lagerbestand. Die beiden Dinge kamen zusammen, wodurch es einen gewissen Preisanstieg gab. Zudem war da noch das Verfügbarkeitsproblem im Sommer des letzten Jahres was sich jetzt zumindest wieder beruhigt hat.
Aktuell nimmt das mit dem Ukraine-Russland-Krieg nochmal eine ganz andere Dimension an. Das Verfügbarkeitsproblem weitet sich auf viele andere Baustoffe aus. Es ist eigentlich nicht absehbar wie die Verfügbarkeiten und die Preissituation generell sein werden.
Ein wichtiger Weg ist frühzeitig Material zu disponieren, beziehungsweise Materialbestellungen mit einem sehr großen Vorlauf mit dem Kunden zu vereinbaren.
Man muss sich einfach darüber im Klaren sein, dass Material nicht mehr von einem Tag auf den anderen verfügbar ist. Stattdessen muss man die zusätzlichen Zeit- und Kostenaspekte in den Planungen und Bauablaufplänen mit berücksichtigen.
Zum Schluss noch ein Blick auf ein besonderes Projekt aus dem Unternehmen ZÜBLIN Timber. Realisiert wurde das schon im Jahr 2016 unter dem Namen „The Smile“.
Was genau steckt dahinter?
„The Smile“ war ein Designprojekt, das wir in London mit sogenanntem Tulipholz, einem besonderen Holz, gebaut haben. Das Smile ist eine auch statisch anspruchsvolle Konstruktion, die im Prinzip auf diesem Halbkreis oder auf diesem Bogen in der Mitte aufsetzt und dann in beiden Richtungen frei auskragt. Deswegen der Name „The Smile“ – es soll sozusagen das Lächeln symbolisieren.
Dieses Designprojekt in London hat eine sehr hohe mediale Resonanz gefunden. Ich persönlich nutze es gerne als Schlussbild in meinen Vorträgen oder Präsentationen. Denn ich finde, dass neben den inhaltlichen Themen auch Freude an der Zusammenarbeit wichtig ist.
Am Ende des Tages arbeiten Menschen miteinander. Mit einem Lächeln auf den Lippen macht das jedem von uns nochmal mehr Spaß.
Wunderbar. Ein sehr schöner Abschluss für dieses Interview – mit einem Lächeln.
Herzlichen Dank für Ihre Antworten, Herr Übelhack.
Sehr gerne.

Die Fotos + Titelbild in diesem Beitrag wurden bereitgestellt von der ZÜBLIN Timber GmbH