Organische Architektur – Gebäudestrukturen, die sich natürlich ins Umfeld einfügen

Unter organischer Architektur versteht man eine Gestaltungsphilosophie, die sich darauf konzentriert, Gebäudestrukturen zu schaffen, die sich harmonisch in ihre natürliche Umgebung einfügen. Diese architektonische Herangehensweise strebt danach, das menschliche Leben über die Art der Gestaltung von Wohn-, Lebens- und Arbeitsräumen mit der Natur in Einklang zu bringen. Dies gelingt, indem sie organische Formen, natürliche Materialien und nachhaltige Prinzipien einbezieht. Im Gegensatz zu traditionellen, starren Konstruktionen, die oft wie Fremdkörper wirken, sollen organische Gebäude unaufdringlich sein. “Unaufdringlich” bedeutet jedoch nicht, dass Gebäude mit organischer Architektur nicht sehenswert oder interessant zu betrachten sind – sie können sogar besonders eindrucksvoll und geradezu spektakulär sein.

“Chamäleongleich” wird dieses unaufdringliche Eingliedern treffend im Blog des Softwareanbieters ALLPLAN anhand des Beispiels eines unauffälligen Villen-Baus in Süditalien beschrieben (1).

Die Luxemburger Architektin Türkan Dagli äußerte kürzlich in unserem Interview:
“Gelungene Architektur ist immer, wenn man Kommunikation zwischen dem Neubau und der Umgebung schaffen kann”.
Die Umgebung kann dabei einerseits als umliegende Natur, aber auch bereits bestehender, bebauter Stadtraum verstanden werden. Eine stimmige Einbindung ins “natürliche Umfeld” wird angestrebt.

Gelungene Architektur ist immer, wenn man Kommunikation zwischen dem Neubau und der Umgebung schaffen kann. 

Türkan Dagli
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Harmonischer Übergang aus dem Wohnbereich auf die Terrasse und in den (Dach-)Garten (Bild: Gayrat Tolibov)

Organische Architektur verbindet Innenraum und Außenbereiche

Für einen Betrachter, der all die äußerlich sichtbaren Elemente und Bereiche eines Objektes erfasst – Fassaden, Gärten, Proportionen, Materialität, Formen und Linien – und diese in den Gesamtkontext einordnet, entsteht durch organische Architektur eine Verbindung des Baus mit seinem Umfeld.
Gleichermaßen greifen Strukturen und Bauweise für die Bewohner im Inneren des Gebäudes die Natur auf oder integrieren sie in das Konzept.
Das gelingt zum Beispiel durch Formen wie Rundungen, aber etwa auch durch Einsatz natürlicher Elemente und Werkstoffe. So tragen Steine und Holz, Pflanzen und Bäume, aber auch Terrassen und Wintergärten zu einem Gefühl des “halb offenen” Wohnbereiches bei. Oftmals entsteht ein Gefühl eines fließenden Übergangs von Wohn- in den Garten- und Outdoor-Bereich.

3D Visualisierung eines Baumes unmittelbar im Wohnbereich (Rendering: vicnt)

Ausdruck organischer Strukturen in der Architektur des Jugendstil

Jugendstil-Villa in Wiesbaden (Bild: cmfotoworks)

In der Zeitwende vom 19. zum 20. Jahrhundert (bis ca. 1910) entstanden zahlreiche prachtvolle Bauten des Jugendstil, wie sie beispielsweise in den Villenvierteln der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden zu entdecken sind.

Die Zeit um 1910 gilt auch als Hochindustrialisierung, was bedeutete, dass sehr viel Massenproduktion betrieben wurde. Jugendstil wird gerne als eine Art Gegenbewegung dazu verstanden.
Der Smart Home Lösungs-Anbieter Gira beschreibt mit Blick auf Jugendstil treffend die “Ästhetik für jedermann”, womit die “Brücke zwischen funktionalem Handwerk und künstlerisch verzierten Entwürfen” geschaffen wurde (2).

Die Architektur der Epoche des Jugendstil zeichnet sich entsprechend durch das Künstlerische und Formen wie geschwungene Linien aus. An den Fassaden der Gebäude erkennt man Ranken und Blüten – florale Elemente. Bestandteile aus der Natur wurden so dauerhaft in das Gebäude integriert.

Detailaufnahme von Fassade und Balkon (Bild: cmfotoworks)

Frank Lloyd Wright – “Pionier der organischen Architektur”

Ein wichtiger Name bei der Betrachtung der Thematik “organische Architektur” ist der berühmte Architekt Frank Lloyd Wright, der den Begriff in den frühen 1900er Jahren mit prägte.
Wright glaubte, dass Architektur das Potenzial hat, eine Brücke zwischen Mensch und Natur zu schaffen (3). Er betrachtete Gebäude als lebendige Organismen, die sich in Harmonie mit ihrer Umgebung entwickeln sollten. Wrights bekanntestes Beispiel für organische Architektur ist das “Fallingwater”-Haus in Pennsylvania, das spektakulär über einem Wasserfall errichtet wurde und sich nahtlos in die umliegende Natur integriert.

Fügt sich nahtlos in die Umgebung ein – Frank Lloyd Wrights “Falling water” (Bild von David Mark auf Pixabay)

Auch die Architektur von Hundertwasser greift organische Formen auf

Ein weiterer Pionier der organischen Architektur war der österreichische Künstler und Architekt Friedensreich Hundertwasser. Er verfolgte eine ähnliche Vision wie Wright und strebte danach, die Trennung zwischen Natur und Architektur aufzuheben. Hundertwassers Werke zeichnen sich durch lebendige Farben, organische Formen und die Integration von Pflanzen in die Gebäudestrukturen aus. Eines seiner bekanntesten Werke ist wohl das Hundertwasserhaus in Wien, ein Wohnkomplex, der mit bunten Fliesen und begrünten Dächern gestaltet ist. Dieses außergewöhnliche Gebäude zeigt eindrucksvoll, wie organische Architektur nicht nur in die natürliche Umgebung, sondern auch in die städtische Landschaft integriert werden kann.

Das Hundertwasserhaus in Wien (Bild: Mindaugas Dulinskas)

Ein weiteres Beispiel für organische Architektur von Hundertwasser in Deutschland ist das Gebäude “Waldspirale” in Darmstadt. Mit seinen unregelmäßigen Formen, begrünten Dächern und bunten Fassaden ist die Waldspirale ein Beispiel dafür, wie organische Architektur im Stadtbild zum Blickfang werden kann.

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Organische Architektur ist nicht nur optisch ansprechend, sondern auch nachhaltig

Ebenso ist das Hundertwasserhaus in Bad Soden bekannt für diese Verbindung von Natur und Architektur. Es zeichnet sich gleichermaßen durch seine geschwungenen Linien, unregelmäßigen Formen und eine begrünte Fassade, sowie den Einsatz von bunten Fliesen aus. Das Hundertwasserhaus in Bad Soden veranschaulicht, wie organische Architektur nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch ökologisch nachhaltig sein kann.

In der heutigen Zeit lassen sich viele Architekten weltweit von den Prinzipien der organischen Architektur inspirieren und setzen sie in ihren Projekten um.
Ander als bei Hundertwasser geschieht dies aber oftmals zurückhaltender und weniger farbenfroh und “schrill”, was eher zu dem Charakter der Natürlichkeit der Formen und Farben passt.

Auch im Hochhaus-Bau kommen organische Strukturen zum Einsatz

Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für organische Architektur außerhalb Deutschlands sind die Axel Towers in Kopenhagen, Dänemark.
Die Axel Towers bestehen aus fünf Türmen, die auch wieder organische Formen und geschwungene Linien aufweisen. Jeder Turm ist von begrünten Terrassen umgeben, die nicht nur eine visuelle Attraktion sind, sondern auch eine grüne Oase und Aufenthaltsorte inmitten der Stadt schaffen. Die Axel Towers demonstrieren, wie organische Architektur urbanen Räumen eine natürliche und harmonische Atmosphäre verleihen kann.

Die Axel Towers in Koenhagen (Bild links: Olga Gorovenko, Bild rechts: Simona Flamigni)

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Links und Quellen:

(1) ALLPLAN:
https://blog.allplan.com/de/organische-architektur
(2) Gira:
https://www.gira.de/g-pulse-magazin/architektur/jugendstil
(3) Guggenheim Museum:
https://www.guggenheim.org/teaching-materials/the-architecture-of-the-solomon-r-guggenheim-museum/organic-architecture
Visualisierung Titelbild:
runna10

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