Wein-Architektur im Wandel der Generationen | Wein- und Sektgut Barth Eltville


Architekt Heiko Gruber über “Architektur und Wein”, die Umbau-Arbeiten der Vinothek und den Generationenwechsel beim Wein- und Sektgut Barth in Eltville-Hattenheim

Ansprechende Architektur sollte zeitlos sein, eine Haltung präsentieren, den Nutzer widerspiegeln und eine Botschaft transportieren.”

– Heiko Gruber, I-21 Planungsbüro

Als wir damals mit diesem Projekt begonnen haben, gab es eine Art Generationswechsel.
Der war schon teilweise vollzogen, es war so ein bisschen der “Staffelstab” zur neuen Generation. Das hieß dann auch, dass man das alles neu denken sollte. Es wurde damals ein Logo entwickelt, das konnten wir aufgreifen in Farbe und Materialität.
So haben wir uns dann ein bisschen mit dem Entwurf diesem neuen Thema der Familie Barth angenähert.

Offene, helle Raumgestaltung für geselliges Beisammensein in der Vinothek

Wir sind ja nicht dafür gemacht, alleine zu sein und alleine zu feiern.
Geselligkeit und ein Glas Wein in einer netten Runde oder in einem sehr ansprechenden Umfeld hat natürlich einen ganz anderen Charakter als wenn man irgendwie in der dunklen Kammer heimlich trinkt. Stattdessen sitzt man doch viel lieber in hellen Räumen mit Freunden zusammen.

Wein und Architektur der Vinothek als Marken neu gedacht

Beim Wein steckt von der Ernte an ein sehr langer Prozess dahinter bis am Ende diese Veredelung in der Flasche ist.

Wenn man noch nie in solch einem Weingut war, kann man nicht wirklich beurteilen, was das für eine Arbeit ist. Bei der Architektur ist es ebenso – man fängt irgendwo bei Null an und tastet sich dann über die verschiedenen Entwürfe weiter bis schließlich das fertige Weingut gebaut ist.

Wir sind 2013 zu dem Thema Wein gekommen. Da gab es erstmalig einen Preisverleihung rund um Architektur und Wein, bei der wir mitgemacht haben.

An der Nahe, Mosel, im Rheingau – Wein-Architektur wird moderner

Das war so ein bisschen der Startschuss, bei dem man gemerkt hat, dass immer mehr junge Winzer Vinotheken neu gedacht haben – und auch ihre Weine neu gedacht haben.
Das ging los mit einem Logo, das ging los mit Packaging. Alles sollte ein bisschen in einer Gestaltungssprache sein. Und das hat sich natürlich auch über alle Weingüter abgezeichnet. An der Nahe, Mosel, Rheingau – überall sieht man jetzt, dass die Vinotheken immer schöner werden und immer moderner.

Ich sage mal, alles was im Wandel ist, ist ein Prozess und es ist eine Entwicklung. Damit schafft man auch neue Werte. Man rückt dieses Thema “Wein” etwas mehr in die Öffentlichkeit und stellt Vinotheken etwas heller, freundlicher, moderner und zeitgemäßer dar. Dadurch ist diese Schwellenangst, in ein Weingut zu gehen und mit dem Winzer zusammen zu sitzen, nicht mehr so gegeben, wie es vielleicht früher mal war.


Für mich macht Weingenuss aus, dass der Wein mir persönlich schmeckt – alleine darum geht es im Endeffekt. Wenn ich es irgendwie beschreiben könnte: am liebsten wenig Säure, ansonsten immer wieder gerne Weißwein.

Heiko Gruber über persönliche Lieblings-Weine

Mit Architektur im Raum eine Geschichte erzählen

Wir haben bei Barth versucht, eine Geschichte zu erzählen. Die alte Werkshalle war gekoppelt an einen sehr, sehr dunklen Flur. Und dann gab es eine kleine Probierstube. Diese drei Einheiten haben wir zusammen zu einer großen Einheit gemacht. Wir haben dann in dieser die “Geschichte” erzählt, dass es verschiedene Lagen gibt, die für das Weingut besonders sind. Diese kann man in der Vinothek zwar probieren, aber von dort aus nicht wirklich sehen.

Und so kam uns die Idee, dass wir – auch aus der Not heraus, weil die Halle dunkel war – sehr große Oberlichter einsetzen wollten. Wir haben damals “Licht-Kanonen” gesagt und haben diese aufwendig mit einer Konstruktion so ausgerichtet, dass man, wenn man darunter steht, in die jeweilige Lagen-Richtung blicken kann.

“Licht-Kanonen” in Richtung der Wein-Lage im Rheingau: Hallgartener Schönhell 

Vertrauen der Bauherren erlaubt Umgestaltung der Vinothek im Zeitplan

Das Projekt ging nicht wirklich lange, ich würde mal sagen ein halbes bis 3/4 Jahr. Wobei man sagen muss, es liegt dann immer mit daran, wie schnell sich der Bauherr entscheidet und wie gut der Entwurf gefällt. Und natürlich, wie hoch das Vertrauen von den Bauherren ist. Wir hatten das Glück, dass wir schon mit der ersten Idee genau das getroffen hatten, was die beiden dort gesehen haben. Dann war das eigentlich nur noch ein Vertiefen, Durcharbeiten und dann ging es relativ flott.

Es lief alles nach Zeitplan, Schwierigkeiten gab es keine. Das einzige Thema war der Bodenbelag. Wir haben einen zementgebundenen Boden gewählt, den man eigentlich aus dem Ladenbau kennt, der fugenlos und sehr glatt ist, in einem sehr hellen Ton. “Sand” oder “Weiß” könnte man dazu sagen. Da gab es so ein bisschen die Problematik der älteren Generation, ob das denn so sein müsste. Aber die jüngere Generation hat gesagt “Finden wir gut” – und so hat man sich dann doch darauf geeinigt.

In der sehr großen Halle haben wir eine Akustik-Decke eingesetzt und die Halle optisch in zwei Räume unterteilt. Wir haben da mit dem Thema Schwarz-Weiß gearbeitet, weil Schwarz zur Logo-Farbe des Weingutes gehört. Wir haben uns bei der Raumgestaltung auf die Schrägen eingelassen – wieder adaptiert von diesen Licht-Kuben in Richtung der Lagen. Und das ist etwas, was man in so einem Raum nicht erwartet, wenn man reinkommt.

Raumkonzept und Gestaltung laden den Besucher in die Vinothek ein

Copyright: the good place

Als wir die Führung durch das komplette Weingut hatten, kamen wir unten in diese “Schatzkammer”, den Raritäten Raum. Das fanden wir toll. Die Frage kam auf, ob man da nicht ein Loch machen könnte. Dann haben wir gesagt “Ja, das kriegt man schon hin. Am besten, wir positionieren es dann quasi im Flur auf dem Weg, wenn der Kunde reinkommt.”

Es gibt dort eine Türklinke, die läuft in der optischen Verlängerung die Tür herunter, zieht sich über den Boden wie eine Intarsie, bis hinten an die Kammer. Man kommt nicht umher, sich das anzugucken.

Copyright: the good place

Es gab eine sehr, sehr schöne Eröffnungsfeier, zu der Freunde und Gäste eingeladen wurden. Wir haben auch zwei Veranstaltungen gemacht. Zum “Tag der Architektur” in Hessen hatten wir das Projekt angemeldet und großen Zuspruch bekommen. Es war sehr viel los und viele Besucher waren da, die die Vinothek von früher kannten und das alte Erscheinungsbild noch im Kopf hatten. Sie waren begeistert, wie man solche Räume neu interpretieren und wie man Außen und Innen verbinden kann. Das hatten wir mit einer Holzwand gemacht, die sich von außen nach innen zieht – quasi den Besucher “hereinzieht” in die Vinothek.
Und Wein gab es natürlich auch, der war wirklich lecker…

Award-Nominierung für ein spannendes Architekturkonzept beim Weingut Barth

Ausschlaggebend für unsere Award-Nominierung (Anmerkung: 2013 – Architekturpreis Wein + 2016 unter den besten deutschen Vinotheken vom Deutschen Weininstitut DWI: Link) war die Neuinterpretation einer Halle, also die Auflösung des Raumes, in der man quasi zwei Räume darstellt, die sich ineinander verschachteln.
Eine schwarze Wand mit schwarzen Einbaumöbeln – wenn man das so hört, denkt man sich “Das ist so düster und irgendwie nicht so cool.”…
Wenn man dann in dem Raum steht, stellt man fest, dass Schwarz sehr edel sein kann, wenn man es mit anderen Sachen kombiniert. Zurzeit ist Schwarz ja außerdem eine sehr große Mode-Farbe in Küchen.

Das Thema Tageslicht war ebenfalls mitunter einer der entscheidenden Auslöser für diese Award-Nominierung.

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